Dienstag, 8. März 2016

Dritter Teil aus der Serie: Ort aus dem Grünen Dresdner

 
Dritter Teil aus der Serie: Ort aus dem Grünen Dresdner

Für alle, die es noch nicht geschafft haben, dieses sehr interessante Gebäude zu besichtigen. Hier ein paar Impressionen von dem Innenleben. Da das Gebäude als Universitätsbau öffentlich ist, kann man es sich zu jeder Zeit anschauen. Man sollte nur nicht gerade als Tourist in eine Vorlesung platzen, die in einem der alten Gerichtssäle abgehalten wird.
Bemerkenswert sind vor allem die unterschiedlichen Arten der Treppenaufgänge. Von breiten monumentalen Treppen im Eingangsbereich bis hin zu vergitterten Treppenhäuser in Nischen gelegen kann man so gut wie alles in dem Universitätsgebäude vorfinden.
 










»Aus den Augenwinkeln nahm die Landeshistorikerin drei vorbeiziehende
Treppenhäuser wahr. Tina hasste diesen Schumann-Bau. Als ehemaliges
Landgericht mit angrenzendem Untersuchungsgefängnis war
das Gebäude so konzipiert, dass es je drei unterschiedliche Laufwege gab.
Als öffentliches Gebäude mit einer Vielzahl von verschiedenen „Gästen“
und Angestellten achteten die Architekten beim damaligen Entwurf darauf,
dass sich die unterschiedlichen Parteien möglichst nicht begegneten.
Zum einen gab es die Zugangswege für Besucher und Gerichtsreporter,
die Interesse an den öffentlichen Verhandlungen hatten. Über diese
Eingänge gelangten die Gäste auf die breitesten Treppenaufgänge und
damit in das Wegesystem, welches am wenigstens verwirrend war. Die
Idee dahinter war, dass es für die Zuschauer der Gerichtsverhandlungen
möglichst einfache Zugänge zu geben hatte. Inklusive der großzügigen
Eingangsbereiche vermittelte dieses Drittel des Gebäudes dadurch eher
den Charme eines altehrwürdigen Theaters, denn eines Justizgebäudes.
Den Großteil der ehemaligen Gerichtssäle funktionierte die DDR nach
1950 in Hörsäle für die TU Dresden um.
Der zweite Teil des ehemaligen Gerichtes bezog sich auf Verwaltungsbeamte,
Juristen und Staatsanwälte in ihren Vernehmungszimmern.
Diese waren eher nüchtern gehalten und entsprachen den heutigen Büros
und Seminarzimmern der Dozenten. In endlos lang erscheinenden
Fluren reihte sich dabei Zimmer an Seminarraum. Im Prinzip war der
erste Teil, der Besucherbereich, von diesem Drittel des Gebäudes strikt
getrennt gewesen. An einigen Stellen brachten die Bauarbeiter nachträglich
Schnittpunkte in die Architektur ein, um den Studenten den Zugang
zu erleichtern. Jedoch waren diese eher in geringer Zahl und vornehmlich
in den Bereichen angesiedelt, an denen die beiden Teile in Form der
Hörsäle zusammentrafen.
Der dritte Teil des Gebäudekomplexes war den Angeklagten, Sträflingen
und ihren Bewachern vorbehalten gewesen. Dies stellte zumeist
kleinere im Komplex verteilte Zellen und sowohl sehr kleine Aufgänge
als auch karge Flure dar. So war es zur damaligen Zeit möglich und auch
gewollt, dass sich der Angeklagte, die Gerichtsmitarbeiter, sprich Staatsanwälte oder Richter, und die Zuschauer einer Verhandlung erst im Gerichtssaal begegneten.
Eigentlich gab es noch einen vierten Bereich innerhalb der Mauern.
An diesen erinnerte sich Tina aber nur ungern. Im Innenhof des Gebäudes
befanden sich die ehemaligen Zellen der zum Tode Verurteilten.
Gleichzeitig existierte neben den Todeszellen auch der eigentliche Richtplatz
im Innenhof. Zudem waren in dem Atrium mehrere Hundert dieser
Urteile vollstreckt worden. Der Gedanke an den Todestrakt hatte für
die Landeshistorikerin plötzliche einen sehr bitteren Beigeschmack. War
doch das personifizierte Böse in Form dieses Riesen Noah hinter ihr her,
um sie zu ermorden. «

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